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Auf den Spuren des Holzes

Wo gehobelt wird, da fallen Späne. Ein bekanntes Sprichwort das nur zu gut auf den Alpbacher Andreas Moser zutrifft.

Untertags sägt er die Bretter, die am Abend die Welt für ihn bedeuten…

Wo gehobelt wird, da fallen Späne.

Ein bekanntes Sprichwort das nur zu gut auf den Alpbacher Andreas Moser zutrifft. Er ist einer von sehr wenigen, die den Beruf des Sägers heute noch hauptberuflich ausüben. Und da wo Späne fallen, fehlt auch Andreas Moser nicht: Als passionierter Schauspieler steht er auf den Brettern, die für ihn die Welt bedeuten.

Ein Mann wie ein Baum. Groß, stattlich, kantig und fest verwurzelt mit seiner Heimat. Der gelernte Sägemeister hat seine Werkstatt im idyllischen Inneralpbach. Als junger Mann absolvierte Andreas die dreijährige Ausbildung zum Sägemeister in Kuchl in Salzburg – übrigens die einzige Ausbildungsstätte in Österreich. Doch das Wissen um den seltengewordenen Beruf wurde ihm schon viel früher in die Wiege gelegt. Sowohl sein Großvater mütterlicher-, als auch väterlicherseits waren bereits Säger. 1924 wurde die kleine Säge in Inneralpbach in Betrieb genommen. Und heute noch arbeitet Andreas Moser mit einigen Gerätschaften seines Großvaters und Vaters, der das Handwerk ebenfalls ausübte.

„So arbeitet vermutlich keiner mehr“, erzählt Andreas, während er das Sägeblatt in die Sägepresse aus dem Jahre 1867 spannt. Das Gerät ähnelt mehr einem Ausstellungsstück aus dem Technischen Museum, als einem immer noch funktionierenden Gebrauchswerkzeug. Ein metallenes Knacken ertönt und das lange Sägeblatt ist um wenige Zentimeter gestutzt. „Aber sie funktioniert noch bestens “, setzt Andreas nach. Ratz fatz muss es bei ihm gehen. Klack, einspannen, Sägeblatt stutzen, danach die Zacken abschleifen und schon ist die Säge wieder einsatzbereit.

 

Suche Mann mit Wald, Säge vorhanden

 

Was nach einer schlechten Heiratsannonce klingt, ist Andreas Mosers Arbeitsalltag.

Seine Kundschaft ist hauptsächlich männlich und liefert ihm Rundholz, meist aus dem eigenen Waldbestand, das Andreas dann zu Brettern und Holzbalken verarbeitet.

Auf die Frage ob man davon leben kann weiß der Inneralpbacher aus Leidenschaft sofort eine Antwort „Mann kann. Ich produziere Kleinmengen und mache alles, was nicht der Norm entspricht“, erklärt Andreas sein Überlebenskonzept, um sich gegen die großen Sägewerkunternehmen durchzusetzen. So werden überdimensionierte Holzgrößen, Sonder-Schnittholz für Balkone, Dachstühle und Terrassenböden von ihm hergestellt. Sein Prachtstück ist die horizontale Blockbandsäge aus den 1970er Jahren. Sie schneidet Baumstämme mit bis zu 1.30 Meter Durchmesser. Er hat sie selbst repariert und „aufgepimpt“ versteht sich. Die alten Maschinen bedient er rein manuell. Sägeblätter werden selbst geschliffen und eingerichtet.

Kontakt:

Sägewerk Andreas Moser
Alpbach 362
A-6236 Alpbach
Tel. +43 664 5186078

Galgenhumor und Schauspielerei

Da staunten seine Kunden nicht schlecht, als in der Säge eines Tages ein Galgen stand.

Für die Heimatbühne Alpbach hatte er die Bühnenausstattung für das Stück „Die Hinrichtung“ in seiner Säge zusammengezimmert. Ausgleich zur körperlich schweren Arbeit ist das Theaterspielen. Und seit 1994 macht er das an mehreren Unterländer Bühnen sehr erfolgreich. „Als die Schlossbergspiele Statisten für „Name der Rose“ suchten, habe ich mich gemeldet und gleich eine Sprechrolle bekommen“, erzählt Andreas. Auch im Theater packt Andreas mit an: das Holz für Theaterutensilien stammen natürlich von ihm.

Alpbachs unverwechselbarer Holzbaustil

Tradition wird im Alpbachtal gelebt, wie kaum anderswo.

Ein Besuch im Bergdorf Alpbach mit seinem einzigartigen Baustil zeigt dies eindrücklich. Die kleinen Holzbalkone tragen üppigen Blumenschmuck. Jeder Hof ist ein absolutes Unikat, einige sind mehrere Hundert Jahre alt. Der besondere Alpbacher Baustil ist kein Zufall. Im Jahr 1953 legte der Gemeinderat eine strenge Bauordnung für das Bergdorf vor. Dem Dorf wurde sogar die Auszeichnung „das schönste Dorf Österreichs“ verliehen. Und dennoch ist die Zeit hier nicht stehen geblieben. Gäste genießen modernen Komfort in urigem Ambiente. Viele der 450 bewirtschafteten Bauernhöfe liefern regionale Produkte, die vielerorts auf den Speisekarten der heimischen Restaurants und Berghütten serviert werden.

Schönstes Dorf Österreichs

Strenge Bauordnung und spät gebaute Straße

Und all das verdankt Alpbach einer zu spät gebauten Straße – bis 1926 hielt ihr Fehlen die negativen Folgen des Fortschritts fern und danach führte sie vor allem Touristen in den Ort, die den ursprünglichen Charakter der Gemeinde bis heute schätzen. Um zu verhindern, dass der rasch wachsende Bedarf an Übernachtungsmöglichkeiten die ursprüngliche Architektur nach und nach zerstört, schreibt eine strenge Bauordnung schon seit den 50er Jahren eine Anpassung von neuen Gebäuden an den traditionellen Holzbaustil vor.

Muss man als erlebnishungriger Gast nun also fürchten, ein Museum zu betreten und am Ortseingang auf ein „Bitte nicht stören“-Schild zu treffen? Nein.

Zwischen Vergangenheit und Zukunft

In Alpbach versteht man unter Fortschritt nicht, einfach Altes durch Neues zu ersetzen.

Ein angesehenes Congress Centrum, Mountainbike-Wege und ein variantenreiches Skigebiet, das Ski Juwel Alpbachtal Wildschönau, erzählen das Gegenteil. Denn in Alpbach versteht man unter Fortschritt nicht, einfach Altes durch Neues zu ersetzen. Stattdessen ergänzt man bewährte Strukturen so, dass sich am Ende ein stimmiges und überaus attraktives Ganzes ergibt.

Ein Beispiel ist die Landwirtschaft, die keineswegs einfach vom Tourismus ersetzt wurde: Wie bereits vor über 100 Jahren existieren aktuell über 100 bewirtschaftete Höfe. Andererseits muss man in dem Tiroler Ort selbst das Flair der großen weiten Welt nicht vermissen: Jedes Jahr im Spätsommer trifft sich hier seit 1945 das Europäische Forum Alpbach, bei dem internationale Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Wirtschaft, Kultur und Politik über aktuelle Themen miteinander diskutieren. Seit 1999 übrigens im neuen Congress Centrum Alpbach, das mit seiner naturnahen, aber modernen Architektur hervorragend die Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft schlägt.

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