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Lebendiges Brauchtum in Tirol

Bercht und Percht im Tiroler Unterland

Bercht & Percht im Tiroler Unterland

Während in den Dörfern des Tiroler Oberlandes die Männer in die Fasnacht gehen, wird in den Dörfern des Tiroler Unterlandes mit viel Leidenschaft das Berchten & Perchten-Brauchtum ausgeübt.

Unterschiedlicher könnten aber in den verschiedenen Tälern und Dörfern der Zeitpunkt des Auftretens und auch das Aussehen der Bercht & Percht nicht sein: Die Berchtln in Alpbach und die Peaschtln im Tiroler Unterland treten zu unterschiedlichen Zeiten und mit unterschiedlichem Äußeren in Erscheinung.

Peaschtln im Tiroler Unterland

In den Unterländer Gemeinden Angerberg, Breitenbach am Inn und Mariastein wird der uralte Brauch des „Peaschtl laffn“ heute noch so wie vor hunderten von Jahren gelebt. In den Dörfern öffnen neben Gasthöfen und Bauernhäusern auch viele Einfamilienhäuser die Türen für die Brauchträger des „Peaschtl laffns“. Bei den Brauchträgern steht echte Nachbarschaftspflege im Vordergrund. Im 3.695 Einwohner zählenden Dorf Breitenbach am Inn sind gar über 600 Buben und Männer um das Brauchtum des „Peaschtl laffns“ bemüht.  

 

Je höher die Peaschtln hüpfen, desto höher wachsen das Getreide, der Mais, die Früchte und Feldpflanzen. Neben der guten Ernte hüpfen die Peaschtln auch für Glück und Gesundheit am Hof möglichst hoch.
Barbara Moser

Der Brauch in Breitenbach am Inn

 

In Breitenbach am Inn geht jeder Pass eine Hex' voran. Ihr folgen die Trommler mit großen Trommeln aus alten Tanks und hölzernen Trommel-Knitteln, dann folgen die Blaser mit Bock- oder Signalhorn und zum Schluss die Hupfer mit den riesigen Schellen und Glocken. Beim Ankommen am Hof wird laute „Musik gemacht“. Es wird kräftig getrommelt, geblasen und die Hupfer hüpfen so hoch sie können. Das bringt den Besuchten Glück und reiche Ernte. „Je höher die Peaschtln hüpfen, desto höher wachsen das Getreide, der Mais, die Früchte und Feldpflanzen.“ Neben der guten Ernte hüpfen die Peaschtln eben auch für Glück und Gesundheit am Hof möglichst hoch. Die Hex' kehrt beim Rausgehen aus, so entfaltet der magische Brauch seine Wirkung. 

Die Bercht in Alpbach

Alpbach im Tiroler Unterland ist eine Gemeinde mit knapp 2.600 Einwohnern. Die „Ålpbäcka“ halten viel von Tradition und daher gibt es auch ein aktives Vereins- und Brauchtumsleben.

Aufgrund der Abgeschlossenheit entstand eine eigene Bau- und Wohnkultur, aber auch das Brauchtum blieb deshalb länger erhalten als in vielen anderen Tälern.
So auch der Brauch des „Berchtln geah“.

Die Berchtln in Alpbach sind ausschließlich am 5. Jänner (auch Gömmachten genannt) unterwegs. In Gruppen von drei bis vier Personen ziehen die Berchtln von Haus zu Haus. Die Berchtl muss möglichst „schiach“ (fürchterlich) aussehen.

Daher das Gewirr aus Flachs und Hanf, welches zerzaustes Haar darstellen soll und die zerlumpten Kleider. Ein Zegger (Bugglkorb / Rückenkorb) für die Gaben der Gastgeber darf nicht fehlen. 

Fertigspinnen des Werch, bevor die Berchtl kommt

Früher wurde bei fast jedem Bauern in Alpbach Hanf und Flachs angebaut. Von Hanf wurden die „werchenen Leintücher“ (feinere Tücher) und vom Flachs die „harbenen Leintücher“ (gröbere Tücher) gewebt. Im Winter wurde von den Bäuerinnen und Mägden das Werch auf den Spinnrädern zu feinen Fäden gesponnen.  

Das Besondere: Das Werch sollte vor dem letzten Rauchabend, dem 5. Jänner fertig gesponnen sein, denn da kam die Berchtl. Sollte die Berchtl ein noch nicht gesponnenes Werch in der Stube vorfinden, so zerzauste sie das Werch so sehr, dass des danach nicht mehr gesponnen werden konnte. Sogar die Spinnräder machte sie kaputt – so die mündlichen Überlieferungen. 

So unterschiedlich wie Zeitpunkt und Aussehen der Bercht & Percht im Alpenraum, so unterschiedlich auch die üblichen Schreibweisen des Namens: Bercht, Berchtel, Berchtl, Percht, Peaschtl, das ist alles Dorf zu Dorf unterschiedlich.
Barbara Moser

Berchtln und Peaschtln faszinieren

Niemand in den Dörfern bleibt unberührt. Ein Ritual, das sich Jahr für Jahr wiederholt. In den Ursprungsgemeinden im Tiroler Inntal ausnahmslos am Nikolausabend, dem 5. Dezember und Nikolaustag, dem 6. Dezember und in Apbach zu Gömmachten, dem 5. Jänner.

Niemals würde ein Brauchträger in diesen Dörfern an einem anderen Tag das Brauchtum ausüben. Mit Intensität wird der Brauch Jahr für Jahr angefangen von den Kleinsten bis ins hohe Alter gelebt. Die Tradition wird mit großem Respekt in ihrer ursprünglichen Form bewahrt.

Das Brauchtum eröffnet eine mystische Parallelwelt zu dem ansonsten so geordneten Alltag, die alle in ihren Bann zieht. Und alles haben alle Peaschtln, Berchtln und Berchten gemeinsam: Sie wünschen den Familien und Gastgebern ein gesegnetes, glückseliges neues Jahr.

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